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Sonntag, 30. Juni 2013

Ausverkauf


"The fires of Isengard will spread. And the woods of Tuckborough and Buckland will burn. And... and all that was once green and good in this world will be gone. There won’t be a Shire, Pippin."
Merry, in: The Two Towers, Lord of the Rings, Regie: Peter Jackson, 2002



Eisblumen
Mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks hatten viele Menschen gehofft, dass nun ein neues goldenes Zeitalter beginnen würde. Das Ende des kalten Krieges, so stellt sich jedoch heraus, war in Wirklichkeit der Beginn eines neuen. Wie sagte Warren Buffet: "Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir werden gewinnen" (”There’s class warfare, all right, […] but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning”, im Interview mit Ben Stein in der New York Times, 26. November 2006)

Der Wegfall des wie unvollkommen in praktischer Hinsicht auch immer gearteten Korrektivs, der Antithese zum Kapitalismus entfaltet eine gewaltige Unwucht. Wie ein Planet, der aus dem  Gleichmaß seiner Bahn geworfen wird und hilflos und ohne Kontrolle im All herumtrudelt.

Sonntag, 23. Juni 2013

Notizen über Webforen



Wenn die Zahl derer, die mitzureden haben, ins Unermessliche steigt, dann hören die auf zu reden, die etwas zu sagen haben.
Verfasser unbekannt



Damara, Namibia
Ein aufmerksamer Leser, der sich durch die öffentlich zugänglichen Presse- und Meinungsportale, durch Forumsbeiträge und Benutzerprofile klickt, wirft quasi einen Blick in eine seit über 20 Jahren laufende Versuchsreihe mit lebenden „Laborratten“. Denn hier treffen nicht nur verschiedene Altersgruppen aufeinander, sondern zugleich Denkweisen, die unvereinbar sind, und die, wie mir scheint, auf dem unterschiedlichen Umgang mit dem Internet beruhen. Der Unterschied ist so fundamental, weil er viel tiefgreifendere Folgen hat wie etwa die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs.


Sonntag, 16. Juni 2013

Mulier taceat in ecclesia I


"Das Überleben der modernen Ökonomien hängt von der bezahlten und unbezahlten Arbeit, der Kaufkraft und der Reproduktionsfähigkeit von Frauen ab. Dass Frauen sich dieser Macht bewusst würden, wäre unerträglich: die Gefahr einer Revolte wäre zu groß. Wenn die Konsumgesellschaft in der Art und Weise weiterexistieren soll wie gewohnt, ist es unabdingbar, dass diese latente Macht enteignet, bezähmt und gefügig gemacht wird."
Laurie Penny: Fleischmarkt, Edition Nautilus 2012, S. 9



Kamanjab, Namibia

Vorbemerkung


Es geht in diesem Essay nicht um die Frage auf Sandkastenniveau, wer die bessere Hälfte ist, es geht nicht um ein primitives Entweder-Oder, um ein Gegeneinander ausspielen. Charaktermängel und verwerfliches Verhalten sind über die Geschlechter gleichmäßig verteilt. Ich habe und hatte in meinem Leben mit völlig verkorksten, abgrundtief niederträchtigen, hinterhältigen, heuchlerischen, feigen und vor allem zum Erbrechen intriganten Frauen zu tun. Sondern es geht um die grundsätzliche Frage nach der Rechtfertigungsfähigkeit von realer männlicher Herrschaft, der männlichen Anmaßung einer a priori-Vorrangstellung, um die Bedingungen der Möglichkeit von Gleichberechtigung, um universale Menschenrechte.

Sonntag, 9. Juni 2013

Die Bewusstseinspyramide


"Eine emanzipierte Gesellschaft jedoch wäre kein Einheitsstaat, sondern die Verwirklichung des Allgemeinen in der Versöhnung der Differenzen. Politik, der es darum im Ernst noch ginge, sollte deswegen die abstrakte Gleichheit der Menschen nicht einmal als Idee propagieren. Sie sollte statt dessen auf die schlechte Gleichheit heute, die Identität der Film- mit den Waffeninteressenten deuten, den besseren Zustand aber denken als den, in dem man ohne Angst verschieden sein kann."
Theodor W. Adorno, Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, 1980, S. 113f.)



Eine andere Welt. Aquarell
Es ist merkwürdig mit dem menschlichen Fortschritt. Wir haben das Gefühl, dass zu keiner Zeit Fehler besser und genauer dokumentiert wurden als heute, dass niemals zuvor soviel Wissen für so viele Menschen jederzeit verfügbar gewesen ist. Und doch: Die Fehltritte und Fehlentscheidungen wiederholen sich. Allerdings sind heute die Folgen schwerwiegender als je zuvor. Einer meiner früherer Studienkollegen hatte eine Idee, wie sich die Ursache für all das in einem Bild darstellen ließe. Er nannte es die Bewusstseinspyramide.





In Memoriam


"Wir leben in der besten aller Welten, sagen Menschen mitunter. Ich denke, wir haben in der besten aller Welten gelebt, dann wurden wir gierig, dann wollten wir immer mehr, und dann wurde irgendwann das Licht gnädig ausgeschaltet."
Sybille Berg auf SPIEGEL online: Wir haben leider keine Zukunft für dich, 01.06.2013




Amrum, Abend
Dies ist eine Liste von aussterbenden menschlichen Verhaltensweisen und Eigenschaften.

Sinn für Gerechtigkeit und Fairness. Ein Bewusstsein für die Tatsache, dass es grundsätzlich unfair und feige ist, wenn eine Meute einen ungeschützten Einzelnen angreift.

Solidarität und Zivilcourage. Für Menschen öffentlich eintreten, die unfair behandelt und von einer Mehrheit angegriffen werden. Nicht, um sich damit als "guter Samariter" zu profilieren, sondern um der Gerechtigkeit, des Kräfteausgleichs willen.

Authentizität. Wird heute überaus geschätzt, jeder will authentisch zu sein. Das Problem ist nur: So etwas muss man sich zumindest hierzulande auch finanziell leisten können.